Heinrich: Cedichte-Auswahl. Antología poética. Edición bilingile. Introducción y traducción de Berit Balzer, Madrid, Ediciones de la Tone, 1995. 238 Seiten. HEINE, Auf dem spanischen Búchermarkt, wo seil geraumer Zeil nur Prosawerke’ Heines erschcinen, isí diese ncue und umfangreiche Ausgabe seiner Gcdichtc schon von vomhercin zu begriii3en. Dic cinzige bisher nicht vcr~riffene Edition ciner Lyrikauswahl síammt aus dcm Jahre 1981 und beinhaltet 59 Ubertragungen In die vorliegende Sammlung wurden ¡60 Ubersetzungen aufgenommen, viele von ihnen sind sclbst in áltcren spanischen Heinc-Anthologien, die sich zwischen 1890 und 1910 háuften, unauffindbar Die Oedichte sind aus dem Gesamtwerk Ucines reprásentativ ausgewáhlt, alle Zyklen, cinschlieBlich der poetischen Nachiesen, wurden berticksichtigt. Obwohl cmblematischc Kompositionen wie «Seegespcnst» oder «Der Doppelgánger» fehien, kann dies kein Argument gegen die wohltibcrlegte Auswahl sein: Bekanntes und weniger Bekanntes hallen sich die Waage. Dic Einbeziehung vieler Gedichtc mit spanischcr Thematik kommt dem Rczipientenkreis entgcgen, wobei dic Ubersetzerin auch nicht vor umfangreichen Stiickcn wie «Almansor» oder «Disputation» zurtickschrcckte. Als deutschsprachigcm Rezensenten kommt es niir nicht zu, die spanischen Ubersetzungen zu beurtcilen. Dic Vf erláutcrt in der Einleitung, wie sic dic Práferenzen setzt: sie nimmt inhaltlichc Freiheiten in Kauf, um formale Kriterien wie Reimschcma unil Metrik, soweit dies in cines Ubertragung aus dci germanisehen in dic romarúsehe VersfuBglicdcrung méglich ist, nachempfindcn zu kónnen. Es blcibt dic Frage, ob sich dies immer bcwáhrt. So vcrmiBt man in der spanischen «Lorclci» (5. 86> dic augenfálhg pointierte Bezugnahmc auf das lyrischc Ich zu Bcginn der crsten und letzten Srrophe. Obwoht aul3erdem dic Paraliclismen und wcitere Merkmale der Volkspoesie feifien, zcigt der Verglcich, daiS diese Úbersetzung anderen vorzuziehen ist und nicht nur, weil dic ául3crlichen Aspekte des Orginais respcktiert wurden: — 2 Zulctzt Heinrich Heme, Relatos (cd. de Ana Pérez y Carlos Fortea), Madrid, 1993. Heinrich Heme, Poemas. Selección y traducción Feliu Formosa, Barcelona, ¡981. 327 Reseñas ¿Qué significa esta tristeza que embarga todo mi ser? No se moquita de la cabeza Un cuento de un remoto ayer. No sé cuál puede seria causa De sentirme tan triste; un cuento de tiempos antiguos 3 No abandona mi mente. Estoy tiste, muy triste, sin que entienda La razén ni el por qué: fija la mente una leyenda Que tengo en la en infancia escuché.4 Wenn die oft zitierten Verse «Wo wird einst des Wandermtiden/ Letzte Ruhestátte sein?! Unter Palmen in dem Suden?! Unter Linden an dem Rhein» in romantiseher Manier in «¿Dónde podrá decir el trotamundos! que hallé por fin su último descanso?! ¿En el sur, frente al mar, bajopalmeras?/¿O bajo tilos junto al Rin, tan manso» (5. 215) umgeschrieben werden, begeht die Ubersetzerin vielleicht einen Fehíer, den sie in anderem Zusammenhang ibren Vorgángem kuitisch anlastet: «[...] muchos versos han sido adornados con adjetivos adicionales que no hacen justicia al original» (5. 60). 1-1ilfreich sind die Anmerkungen in Form von FuBnoten, durch die dem Publikum verschiedene Namen, historische Zusammenhánge und interkulturelle Schwierigkeiten erláutert werden. Auf diese Technik griff schon Manuel María Fernández y Gonzalo> zurtick, als er 1873 keine andere Móglichkeit sah, dem spanischen Leser der Restaurationszeit heme in semen schwierigsten Facetten zu vermitteln. Das gelingt der Vf., und der schon nach der Lektúre der Einleitung gewonnene Eindruck, daB hier eme bewanderte Heinekennerin zu Wort komrnt, findet noch einmal seine Bestátigung. Diese Einleitung vermittelt im ersten Teil cm ausgeglichenes Bild des Dichters, wie es sich in der neueren l-leineforschung durchgesetzt bat: Heme, der liberale Freidenker, der sich im franzósisehen Exil Karl Marx annáherte, auBer den politischen Idealen der Franzósisohen Revolution jedoch keiner ideologischen Uberzeugung nachhing. Seine intellektuelle Unabhángigkeit gab er selbst im Kampf fúr die nationale Einheit nicht preis: «Las metas emancipatorias de Heme van más allá de la instauración de un Estado constitucional» (5. 48). Dic kurzen interpretatorischen Orientierungen zu den cinzelnen Gedichtszyklen tiberzeugen ebenfalís. Das Rucia der heder stellt die Vf. in Verbindung zur Biographie des jungen Heme, versáumt aber auch nicht, die Problematik zwischen Operettenlyrik (Kraus) und Kommerz (Adorno> einerseits und den dichterischen Innovationen andererseits zu erwáhnen. Vielleicht hátten sich die Interpretationshinweise zu «Mein Herz ist traurig>s weniger auf Biographisches beschránken, sondem aus einem gesellschaftskritischen Blickwinkel auf die Rolle des AuBenseiters Heme konzentrieren sollen. Den obligatorischen Hinweis auf Goethes Werther findet man dann doch in der Futinote. In den Erláuterungen zu den ersten Teilen der Neuen Gedichte entfernt sich die Interpretation vielleicht am weitesten vom aktuellen Forschungsstand, da die Vf. sich auf Heines Liebesabenteuer im Pariser Halbweltmilieu bezieht, wo doch fiiktive Kunstfiguren und Parodien auf literarische Vorbilder6 die interessanteren Hinweise zum Verstándnis von Texten wie «Angélique» oder «Clarisse» bieten kónnten. Etir dic Zeiígedichte sind die wichtigsten Interpretationsansátze wiederum herausgearbeitet: aus llsthetischer Sicht wird die schon als modern zu bczeichnende Verbindung von Revolution und sinnlichem Prinzip in der Poesie crwáhnt, aus gesellschaftskritischer Ebd., S. 26. Enrique Heme, Poesías (trad. de Teodoro Llorente), Barcelona, 1944, S. 82. Joyas prusianas (ed. de Manuel María Fernández y Gonzalo), Madrid, 1873. Gerhard Hóhn, Heine-Handbuch: Zeit, Person, Werk, Stuttgart, >1997. 5. 981. 328 Reseñas Sicht dic Verknúpfung von Satmre, Ironme und Komik. Und sogar das schwer zu entschliisselndc Gedicht «Dic Wanderratten>s bringt dic Vf. in wenigen Sátzen auf den Punkt. Etir den «Romanzero» stellt sme zuletzt den Zusammenhang zwmschen persónlichem Leiden (Krankheit) und dem Zusamrnenbruch der politischcn Hoffnungen heraus, ohne dabci su vergessen, die dichtermsche Erneuerung der Romanzenform su erw~hnen. In dieser Ausgewogenheit zwischen ásthetischen und sozmohistorischen Interpretationsansátzen liegt die Bedeutung dcr Einleitung. Es gmbt nichts Wesentliches, was dic VL auf den nur 60 Semten tibersehen hátte. Auch dic wenmgcn Erwágungen zur HemeRezeption in Spanien fassen das Wichtigstc zusammen, obwohl man vielleicht Imeber weniger tiber Emilia Pardo Bazáns Heine-Artikel und daftir nichr (ter dic produktive Rezeptmon bei Gustavo Adolfo Bécquer und Rosalía de Castro erfabren hátte. Namen w¡e Antonmo Machado oder Juan Ramón Jiménez, mn deren Werke sich viele Spuren Heines finden lassen, hiitten auBerdem erwahnt werden kónnen. In der Bibliographie, mn der spanmsche Ubersetzungen und Untersuchungen cine besondere Berticksichtigung fmnden, fehlt kaum etwas Bedeutendes. Allerdings hMtc das sehr brauchbarc Heine-Handhuch von Gerhard Hóhn (vgl. Anm. 6) erwáhnt werden sollen, auch wcnn es zum Zemtpunkt der Texterstellung noch nicht in der tiberarbeiteten, zweiten Auflage vorlag. Dic wenigen Einschránkungcn kónnen und wollen den Wert des Buches nicht schm~lern. Es handelt sich bei HEINRtCH HEtNE, Gedichte-Auswahl. Antología poética um ein sorgsam ediertes und in jeder Hinsicht empfehlenswertes Werk, das bcstimmt dazu beitragen wird, die Heine-Rezeption in Spanien su fórdern. Amo Gimber